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Unsinnige Kreisverkehre und jetzt auch noch ein Weißbachschluchttunnel?

In der letzten Vorstandssitzung des Bund Naturschutz diskutierten die Mitglieder aktuelle Verkehrsvorhaben im Landkreis. Dabei bestand Einigkeit darüber, dass die Straßeninfrastruktur selbstverständlich erhalten werden muss, aber im Gegensatz zur Straßenbaubehörde sind die Naturschützer davon überzeugt, dass im Landkreis immer mehr unsinnige Projekte geplant werden.

Dr. Michael Wittmann informierte über seine Nachfragen beim Staatlichen Bauamt in Traunstein, Bereich Verkehr, zu den Umweltauswirkungen von Baumaßnahmen. Zusammengefasst: Umweltschäden und Klimabelastung sind nach Meinung des Bauamts unwesentlich für die Planung und Durchführung von Straßenbaumaßnahmen.

18.05.2023

In der letzten Vorstandssitzung des Bund Naturschutz diskutierten die Mitglieder aktuelle Verkehrsvorhaben im Landkreis. Dabei bestand Einigkeit darüber, dass die Straßeninfrastruktur selbstverständlich erhalten werden muss, aber im Gegensatz zur Straßenbaubehörde sind die Naturschützer davon überzeugt, dass im Landkreis immer mehr unsinnige Projekte geplant werden.

Dr. Michael Wittmann informierte über seine Nachfragen beim Staatlichen Bauamt in Traunstein, Bereich Verkehr, zu den Umweltauswirkungen von Baumaßnahmen. Zusammengefasst: Umweltschäden und Klimabelastung sind nach Meinung des Bauamts unwesentlich für die Planung und Durchführung von Straßenbaumaßnahmen.

Sehr viele Menschen sehen das anders: So löst der Kreisverkehr am Aschauerweiherbad, sowohl was dessen Notwendigkeit als auch die Ausmaße betrifft, nur Kopfschütteln aus, ebenso der Ende 2022 fertiggestellte Kreisverkehr an der B 305 zwischen Weißbach und Schneizlreuth am Wegscheid. Auch dieser ist äußerst großzügig dimensioniert samt automatischen Schranken, Videoüberwachung und weitläufigen Flächenversiegelungen im Umfeld (s. Foto). Was den BN besonders irritiert: Die vom Straßenbauamt veranlasste Änderung der Verkehrsführung mit Auflassung des Abschleifers hinunter nach Schneizlreuth führt den Verkehr aus nördlicher Richtung zum Kreisverkehr, was einer Streckenverlängerung um etwa 800m entspricht. Dies bedeutet hochgerechnet auf alle Verkehrsteilnehmer jedes Jahr ca. 1 Million Kilometer Umweg, oder 200 unnötige Tonnen CO2 zur Beschleunigung des Klimawandels, die für das Staatliche Bauamt eine (Originalzitat) „untergeordnete Rolle“ spielen.

Unser Lösungsvorschlag, die Beibehaltung des bisherigen Abschleifers, wurde vom Staatlichen Bauamt Traunstein genauso wie vom Bayerischen Verkehrsministerium einfach ignoriert. Warum wohl?

Planung für Weißbachtunnel

Wir haben in diesem Offenen Brief auch die Andeutungen für einen Weißbachschluchttunnel erwähnt, die uns im September 2022 vom Straßenbauamt gemacht wurden. Erst als das Reichenhaller Tagblatt Ende März das Straßenbauamt diesbezüglich angefragt hat, wurde dieses Projekt der Öffentlichkeit bekanntgegeben, obwohl Anfang des Jahres bereits einige Artikel über die geplanten Straßenbauprojekte erfolgt waren. Dieser Tunnel zwischen der Höllenbachbrücke und dem Wegscheid soll wegen der erforderlichen Sanierung der Alpenstraße, die sonst nicht möglich sein soll, geplant werden. Vielleicht ist ja dieses Mammutprojekt der eigentliche Grund für den Bau des Kreisverkehrs am Wegscheid, und die dort angeblich vorhandene Unfallhäufung, die kein Einheimischer nachvollziehen kann, ist nur vorgeschoben. Wir wissen es nicht. Es wird auf jeden Fall wieder, wie beim Kreisverkehr Wegscheid, spät informiert und die Baumaßnahme als alternativlos verkauft.

Der Tunnel würde den wunderbaren Blick von der Alpenstraße, mit den Felswänden links und im Hintergrund die Reiteralpe und schließlich der Watzmann, zunichte machen. Wobei die Felswände ja vorsorglich schon mal vergittert wurden, um uns den Abschied von dieser schönen Straße zu erleichtern.

Geht es nicht ein bisschen kleiner? Könnte man beispielsweise nicht, um die Stützbauwerke und Brücken zu schonen, den Schwerlastverkehr von diesem Abschnitt der Alpenstraße verbannen, so wie es uns die Österreicher im Salzkammergut vormachen? Der Straßenbau scheint bei uns jeglicher übergeordneter Aspekte des Allgemeinwohls enthoben: die Auswirkungen auf Landschaft, Umwelt und Klima werden überhaupt nicht beachtet und Geld scheint dabei keine Rolle zu spielen. Kürzlich hat auch der Bayerische Oberste Rechnungshof den häufigen Bau von Kreisverkehren ohne jede Wirtschaftlichkeitsprüfung gerügt.

Die Missachtung der Umweltfolgen (und auch von Kosten!) spiegelt sich nicht nur an diesen Projekten wider, sondern zeigt sich auch an großzügigen Streckensperrungen trotz der Erfordernis gewaltiger Umleitungen. So wollte das Straßenbauamt TS in 2020 und 2021 während der jeweils mehrmonatigen Sanierung der B20 am Eisenrichterberg die Bundesstraße teilweise komplett sperren, was z.B. für die Bischofswieser einen Umweg übers Schwarzeck (1030 m Seehöhe), übers Wachterl (965 m) und das gesamte Lattengebirge herum bedeutet hätte. Erst die Intervention mehrerer Bürgermeister führte zur vernünftigen Ampelregelung. Im März 2022, im dritten Jahr des Straßenbaus am Eisenrichterberg, wurde für die Teerung von nur 400m Straße eine Woche lang tatsächlich eine Komplettsperre verhängt, an einem recht breiten Straßenabschnitt, was das Argument Arbeitssicherheit völlig unsinnig erscheinen lässt. Unglücklicherweise wurde bereits am Wochenende Schneefall angesagt, welcher am Montag dann zu einem Verkehrschaos am Wachterl mit querstehenden LKW führte; in der Folge musste z.B. das Berchtesgadener Krankenhaus lange auf sein Essen warten.

Die aktuellen Sperrungen der B 305 zwischen Weißbach und Wegscheid, während der Pfingstferien, mit Umwegen bis über 50 km werden ebenfalls mit der Arbeitssicherheit begründet. Einseitige Teerungen von Straßen werden überall durchgeführt, nur bei uns soll das nicht ohne Gefährdung der Arbeiter möglich sein? Und hat man, falls Engstellen betroffen sind, jemals eine befristete Sperrung ausschließlich für den Schwerverkehr in Erwägung gezogen? Was geschieht während der Komplettsperre der B 305 (wie in den Pfingstferien 2023) auf den tagtäglich bereits überlasteten Umleitungsstrecken, z.B. in Piding?

Die endlos lange Dauer von Baustellen, die fehlende Freigabe von Straßenabschnitten trotz langer Arbeitspausen am Wochenende (warum kein Schichtdienst?) und oftmals unsinnige Ampelschaltungen sind wohl allen Verkehrsteilnehmern leidvoll bekannt: Man hat sich an das Vorgehen der Straßenbauer gewöhnt. Anderswo wird systemrelevante Infrastruktur nachts repariert.

Wenn die Staatsregierung zur Bewältigung von Energiekrise und Klimawandel angeblich auch den ökologischen Umbau des Straßenbaus vorantreiben will, muss sie sich an der praktischen Umsetzung vor Ort messen lassen. Doch davon ist noch nichts zu spüren, es bleibt wie immer bei hohlen Worten. Wir werden eben von einer Autopartei regiert, wie wir kürzlich vom Parteichef hören konnten.

Dr. Michael Wittmann