Realität ist keine Ideologie
Realität ist keine Ideologie
> Der Naturschutz hier im Talkessel sieht sich regelmäßig in der Öffentlichkeit mit zwei entgegengesetzten Vorwürfen konfrontiert, wie kürzlich wieder in einem BAZ-Leserbrief, besonders häufig aber in den Sozialen Medien: Dass wir bei vermeintlichen Missständen nicht aktiv würden und dass wir unnötig aus ideologischen Gründen Vorhaben verzögern und behindern würden. Zum ersten Punkt gibt es einen treffenden Satz von Eckart von Hirschhausen „Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.“ Auch für uns ausschließlich ehrenamtlich tätige Naturschützer hat der Tag nur 24 Stunden, ein Teil steht zudem voll im Berufs- und Familienleben. Weder erfahren wir von allen Umweltschädigungen in der Region, noch können wir bei der Vielzahl der ständig bei uns eingehenden Aufforderungen zu Stellungnahmen zu Vorhaben von Ämtern und Gemeinden auf alles reagieren. Der gegenteilige Vorwurf des überzogenen Aktionismus geht aus demselben Grund ins Leere: Wir können und wollen gar nicht überall mitreden, der weit überwiegende Teil aller Bauplanungen, Entwicklungsvorhaben und Erschließungen wird vom Naturschutz nicht einmal kommentiert. Nur die eklatantesten Fälle von aus unserer Sicht untragbaren, kurzsichtigen oder die Interessen der Allgemeinheit übermäßig schädigenden Plänen werden von uns intensiver behandelt. In aller Regel geschieht das durch das Aufzeigen von Alternativen oder Einbringen von Änderungsvorschlägen und nur als letzte Option die komplette Ablehnung auch mit rechtlichen Mitteln bei besonders problematischen Vorhaben. Denn angetrieben werden wir nicht von Ideologie, sondern von traurigen Realitäten die da bedeuten: Klimawandel und dadurch verursachte Naturkatastrophen, Zunahme der Flächenversiegelung, Artenschwund, Absenkung des Grundwasserspiegels und Nitratbelastung, fehlende Naturverjüngung in unseren Schutzwäldern durch zu hohe Wildbestände, um nur einige Fakten zu nennen, die sich der Naturschutz nicht ausgedacht hat, sondern durch wissenschaftliche Arbeit bewiesen wurden und auch unseren Politikern bekannt sind. Die Reihe von einstigen Projektideen, die heute in weiten Teilen der Bevölkerung nur noch Kopfschütteln hervorrufen, ist lang. Von der Watzmannseilbahn bis hin zu olympischen Sportstätten in der Scharitzkehl. Auch so manches vom Naturschutz blockierte oder zurecht gestutzte Vorhaben wie die Villa Schön oder das Hotelprojekt am Königssee fand breite Unterstützung in der Bevölkerung. Und dass das Umfeld der Jennerbahn viel zu groß konzipiert wurde, ist inzwischen auch bei den Befürwortern von damals angekommen.
> Wer sich für den Schutz unserer Heimat engagieren möchte, ist jederzeit in einem unserer Verbände willkommen.