Bobbahn: Wiederaufbau - Antworten der Parteien und Fraktionen im Kreistag
BUND Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz haben den Fraktions- und Kreisvorsitzenden von CSU, FW, SPD, Grünen, FDP, ÖDP und Bürgerliste Fragen zusammen mit Hintergrundinformationen zum geplanten Wiederaufbau der landkreiseigenen Kunsteisbahn Königssee vorgelegt (vgl. PM vom 05.05.2023). Die Rückmeldungen umfassten eine gemeinsame Antwort von CSU, FW und SPD. Eine eigene Stellungnahme verfassten die ÖDP, ebenso die Bürgerliste mit einem kurzen Statement. Die Fraktion der Grünen verzichtete auf eine Positionierung, keinerlei Reaktion zeigte die FDP. Die Antworten werden im Folgenden gekürzt mit den Kernaussagen gegenübergestellt und kommentiert:
Georisiken
Die gemeinsame Antwort von CSU, FW und SPD „… die Mitglieder des Kreistages BGL haben sich in den vergangenen knapp zwei Jahren wie auch zuvor stets mit allen Einflussfaktoren und möglichen Auswirkungen eines Wiederaufbaus der Bahn am Königssee eingehend befasst...“ lässt erkennen, dass sich die drei Fraktionen bisher nicht ausreichend mit den erheblichen Georisiken beschäftigt haben. Entgegen ihrer Aussage ist eine Katastrophe 2021 tatsächlich eingetreten ist. Die Schlüsselfrage, ob die Entscheidung, eine Kunsteisbahn an einem Standort mit hohen Georisiken zu errichten und weiter zu betreiben, möglicherweise eine Fehlentscheidung war und wer für diese politische Entscheidung verantwortlich war, wird nicht diskutiert. Zudem wird hinsichtlich des bisherigen Schutzes der Unterlieger zugegeben: „…Die Bestandsbahn war nicht darauf ausgelegt, dass siedas Geschiebe für Unterlieger auffängt…“
Eine klare Haltung zur Trennung von Prüfung der Georisiken und nachfolgender Planungsphase vertritt die Bürgerliste: „… [Sie hat] im Kreistag gegen die Koppelung von Georisiken-Untersuchung und Planungsphase 1+2 für den Wiederaufbau gestimmt. Erst sollten die Risiken vorliegen, bevor weitere Planungen gemacht werden. Jeder Investor oder Privatmann würde so vorgehen..." Die ÖDP bezeichnet in ihrer Antwort das bisherigen Vorgehen zudem als intransparent. Dies beträfe sowohl die Auswahl eines von allen Parteien akzeptierten neutralen Gutachters als auch eine Vorentwurfsplanung, die wesentliche Risikofaktoren wie Felssturz und die hohen Lockermassen oberhalb der Kunsteisbahn außer Acht ließen. Zudem sei die Aussage in der Vorentwurfsplanung, die Bahn „zukünftig bilanziell CO2-neutral“ zu betreiben hinsichtlich der hohen Bau-, Sicherungs-, Unterhaltungs- und Stromkosten irreführend und für jeden erkennbar erkennbar greenwashing.
Versicherung
Zur Versicherungsfrage vertreten CSU, FW und SPD eine widersprüchliche Haltung, die dieses Thema in die Zukunft verlagert: „… Durch die nun weiter fortschreitenden Planungen … wurden zuletzt die erforderlichen Unterlagen aufbereitet und zusammengestellt, sodass dadurch eine erste Informationssammlung mit der Versicherung in die Wege geleitet werden konnte und nun erste Abstimmungen für die Sachversicherung erfolgen können. Die Einordnung dieser Thematik in Bezug auf das verwendete Kühlmittel in eine Haftpflichtversicherung wird darauf aufbauend in den weiteren Schritten geprüft...“ Demgegenüber prognostiziert die ÖDP „… In der Frage des Sachversicherungsschutzes in der Elementarversicherung für die baulichen Anlagen des Landkreises an der Kunsteisbahn wird keine einzige Versicherung eine viele Millionen teure Anlage in einem durch Georisiken gefährdeten Gebiet – wenn überhaupt nur zu horrenden Preisen – versichern…“
Schutz der Unterlieger
Zur Frage „Wären Unterlieger nicht besser geschützt, wenn man dem Wildbach reichlich Raum ließe, um bei Hochwasser Geröll gefahrlos abzulagern?“ äußern sich CSU, FW, SPD mit „…Ein klares Nein! Eine solche Dosiersperre in Verbindung mit dem großen Rückhaltebecken bietet nach fachlicher Expertise sowohl für eine künftige Sportanlage wie auch für die Unterlieger den optimalen Schutz… Der Objektschutz schützt vorrangig die Bahn, als positiver Nebeneffekt steigt jedoch auch der Schutz für Unterlieger, da das Geschiebe gezielt aufgefangen und abgeleitet wird und auch das Bauwerk darauf ausgelegt ist…“ Eine entgegengesetzte Position vertritt die ÖDP: „…Die Vorentwurfsplanung enthält gravierende Mängel, die die Objektivität der Verfasser in Zweifel ziehen lässt. So werden unter anderem ohne Begründung der Felssturz mit größeren Blöcken ausgeschlossen und es fehlt eine Murgang-Simulation für den Grünstein. 2021 war die Mure von dort ausschlaggebend. In der Folge ist in der Planung immer noch eine Geschiebedosiersperre für 3.800 m³ enthalten, obwohl 2021 schlagartig 10.000 m³ anfielen.
Nachhaltigkeit
CSU, FW, SPD ordnen die Kunsteisbahn bezüglich Nachhaltigkeit, Energie- und Klimakrise wie folgt ein: „…Jede bauliche Maßnahme hat sich auch an den Erfordernissen des Klimaschutzes zu orientieren. Der mögliche Wiederaufbau führt daher zu deutlichen Verbesserungen der Klimabilanz. Der obere Teil der bisherigen Bahn wird zurückgebaut und renaturiert. Durch die Erneuerung fast der gesamten technischen Infrastruktur entstehen deutliche Einsparpotenziale, nicht nur durch die Umstellung der Flutlichtanlage auf LED. Außerdem arbeitet der BSD zusammen mit dem Planungsbüro im Einvernehmen mit dem Träger der Sportstätte an einem möglichst C02-freien Betrieb durch regenerativ erzeugten Strom…“
Eine gegenteilige Auffassung vertritt hierzu die ÖDP: „…Bereits unter dem Aspekt Klimakrise ist eine hohe Investition in eine technische Anlage, die am falschen Ort gebaut wurde und wie alle Wintersportanlagen in Bayern bereits bis 2050 einen erheblichen Bedeutungsverlust erleiden werden, nicht zukunftsfähig. Wie in allen gesellschaftlichen Bereichen muss auch der Sport einen Beitrag zur Abwendung der Klima- und Energiekrise leisten. Dies betrifft besonders eine Nischensportart wie den auf Kunsteisbahnen betriebenen Bobsport. Entsprechende Anlagen gehen weltweit zurück. Hohe Investitionen in diesem Sektor sind wirtschaftlich nicht mehr vertretbar…“ Zudem wird auf die noch nicht bezifferbaren Folgekosten für den Landkreis, vor allem für die Verbauung des Wildbaches und die notwendigen finanziellen Reserven für die künftig zu erwartenden Schadereignisse hingewiesen.
Fazit: Die finanzielle Förderung von nicht nachhaltigen und klimaschädlichen Projekten verhindert, dass diese objektiv auf ihre wahren Kosten hin analysiert werden. Auch am Jenner war die finanzielle Förderung ein wichtiger Baustein für die Planungen zum Ausbau des alpinen Wintersports. Die stetig steigenden Unterhaltskosten, verursacht durch den immer rascher voranschreitende Klimawandel, sind inzwischen nicht mehr finanzierbar.
Die ungekürzten Antworten der Parteien im Original und weiterführende Infos unter
https://www.bund-naturschutz.de/pressemitteilungen/skisport-auf-kosten-von-natur-und-steuerzahlern